Glitch in der Matrix – Beate Gütschow und Charlotte Triebus
kuratiert von Wiebke Hahn und Jasmina Janoschka / kuratorische Assistenz: Jaqui Maschke
Ausstellungslaufzeit: 30.11.2024-01.02.2025
Veranstaltungen
- Filmvorführung: „Born in Flames“ (1983 / R: Lizzie Borden/ OmdU / 80 Min.)
+ anschließendes Gespräch mit Katrin Mundt (EMAF) und Jasmina Janoschka (hase29)
in Kooperation mit dem European Media Art Festival
am Mi, 22.01.2025, 19 Uhr – Lagerhalle Osnabrück -
KUNSTFORUM-Talk: „Die Zukunft der Kunstvereine“
am Fr, 17.01.2024, 19 Uhr – Kunstraum hase29
Die Ausstellung „Glitch in der Matrix – Beate Gütschow und Charlotte Triebus“ widmet sich dem scheinbar unsichtbaren Einflussbereich zwischen Menschen und Technologie. Der Titel ist inspiriert vom Film „The Matrix“ (1999), in dem ein Glitch eine Unterbrechung oder Fehlfunktion symbolisiert und das alltägliche Verständnis von Wirklichkeit hinterfragt. Der Begriff hat sich seither zu einer popkulturellen Metapher entwickelt, die auf die Unsicherheit der Wahrnehmung und die Verwischung der Grenze zwischen Realität und Illusion verweist – besonders in Zusammenhang mit digitalen und virtuellen Welten.
In der Ausstellung machen die beiden Künstlerinnen Beate Gütschow und Charlotte Triebus den Glitch spürbar. In ihren Arbeiten verweisen sie auf Momente, in denen scheinbare Kontinuitäten der Realität und des Virtuellen gestört werden – auf ein Stottern in der Matrix. Dabei erkunden sie, wie die Verschränkung von analoger Realität und Digitalem unser Leben und vor allem unsere Wahrnehmung elementar prägt und verändert: Wie beeinflussen Algorithmen und KI unseren Blick auf die Welt? Wie beginnen sie, unsere Handlungen und zwischenmenschlichen Beziehungen zu bestimmen? Wie nehmen wir uns selbst, unseren Körper in diesem Schwellenraum wahr? Wie gehen wir mit Fragen nach Authentizität, Privatsphäre und Manipulation um? Handeln wir überhaupt noch selbstbestimmt? Und bringt das Zusammenspiel von On- und Offline vielleicht sogar neue Formen der Wahrnehmung hervor?
Beate Gütschow: HC#3, 2018, C-print, 115 x 153 cm / Courtesy: Produzentengalerie Hamburg; Sonnabend Gallery, New York. © Beate Gütschow, VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Während sich Charlotte Triebus in ihren überlebensgroßen Prints vor allem mit dem menschlichen Körper und dessen Darstellung in den digitalen Medien auseinandersetzt, spielt Beate Gütschow mit unserer visuellen Wahrnehmung und hinterfragt in ihren Fotografien den Wirklichkeitsgehalt von Bildern.
Charlotte Triebus, afk, 2022, 300 x 300 cm
Künstlerinnen
Die Fotografin Beate Gütschow (*1970 in Mainz am Main, lebt in Berlin und Köln) erschafft in ihren Fotografien malerische Landschaften, die seltsam entrückt wirken. Durch digitale Bearbeitung kombiniert sie verschiedene Aufnahmen zu beeindruckenden Kompositionen, die an klassische Malerei erinnern.
Dabei treffen verschiedene Perspektiven aufeinander, die die Werke bei genauerer Betrachtung unwirklich erscheinen lassen. Indem sie Bildelemente entfernt, hinzufügt, verzerrt oder verändert, erzeugt sie ein Wahrnehmungsspiel zwischen surrealer und hyperrealer Wirkung. Durch unsere konditionierte Wahrnehmung übersehen wir die Brüche und Lücken auf den ersten Blick. Erst beim genaueren visuellen Abtasten der Landschaft, wird die verschwommene Grenze zwischen Realität und Fiktion spürbar.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Beate Gütschow: HC#4, 2018, C-print, 148 x 115 cm / Courtesy: Produzentengalerie Hamburg; Sonnabend Gallery, New York. © Beate Gütschow, VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Die Performancekünstlerin und Choreografin Charlotte Triebus (*1988 in Duisburg, lebt und arbeitet in Köln) arbeitet an der Schnittstelle von Bildender Kunst, Tanz und digitalen Medien. Poetisch wie gleichermaßen kritisch erkundet sie in ihrer künstlerischen Praxis das Verhältnis Technologie und Körperlichkeit. Was geschieht mit unserer physischen Wahrnehmung, wenn wir kontinuierlich zwischen analogen und digitalen Räumen wechseln? Wie verändert die digitale Kommunikation unsere Wahrnehmung von Nähe, Intimität und sozialer Interaktion?
Für das fortlaufende Projekt „afk“ fertigt sie überlebensgroße Portraits von Choreograf:innen an, die mit technischen Mitteln dekonstruiert wurden. Die Banner zeigen realitätsnahe Scans der menschlichen Haut, die für die Erstellung von Avataren (grafische Darstellungen, die echte Menschen im virtuellen Raum repräsentieren) besonders aufbereitet und nach einem bestimmten Muster auf einer flachen Oberfläche angeordnet wurden.
Durch dieses Verfahren entstehen fragmentierte, teils verschwommene Körperbilder, die vertraut und fremd zugleich wirken. Indem die Besucher:innen zwischen den Bannern entlang durch den Raum schreiten, setzen sie die fragmentierten Körper unweigerlich vor dem inneren Auge wieder zusammen und bringen sie so in Bewegung. Dabei entsteht für jede:n Betrachtende:n eine einzigartige Realität, die die eigene Wahrnehmung verändert. Der Titel „afk“ steht dabei für „away from keyboard“ und verweist auf den Moment, in dem jemand sich von der Tastatur und damit von der virtuellen Welt entfernt, um echte zwischenmenschliche Interaktionen zu erleben.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Charlotte Triebus, afk, 2022, 239 x 256 cm
Making of: Charlotte Triebus, afk, 2022
Begleitende Veranstaltungen
Impulsvortrag „Wenn (mich) Kunst ‚stört‘ – Zwischen Erwartungen und Ansprüchen“
von Dr. Michael Kröger
Do, 12.12.2024, 19 Uhr – Kunstraum hase29
Früher sprach man in der Kunstbetrachtung akademisch von „Rezeption“, heute wird pragmatischer von „Wirkung“ gesprochen. Die Wirkung von Kunstwerken ist vielfältig und kann je nach Geschmack, Anlass und individueller Interpretation unterschiedlich ausfallen. Jede:r hat entsprechend der eigenen Bildungsgeschichte und den persönlichen Erwartungen ein bestimmtes Bild von Kunst im Kopf. Durch diese unterschiedlichen Voraussetzungen fühlen sich immer mehr Menschen entweder in-spiriert und angeregt oder herausgefordert und provoziert. Das Leben ist durch Kunst für sehr viele spielerischer, diverser und bunter geworden. Es macht Spaß, sich mittels Kunst neu zu orientieren – dazu gehören „Störungen“ ebenso wie Momente des Flows oder des Empowerments. In seltenen Fällen „stören“ Kunstwerke so sehr, dass aus der eigenen Wahrnehmung sogar ganz neue Perspektiven entstehen. Aber wie viel Störung brauchen wir in der Kunst?
Eintritt frei, ohne Anmeldung
Filmvorführung: „Born in Flames“ (1983 / R: Lizzie Borden/ OmdU / 80 Min.)
+ anschließendes Gespräch mit Katrin Mundt (EMAF) und Jasmina Janoschka (hase29)
in Kooperation mit dem European Media Art Festival
Mi, 22.01.2025, 19 Uhr – Lagerhalle Osnabrück
Lizzie Bordens Science-Fiction-Film „Born in Flames“ (1983) zeigt eine dystopische Zukunft in den USA, in der eine feministische Revolution gegen bestehende Machtstrukturen ausgerufen wird, um soziale Ungleichheiten und die Unterdrückung von Frauen zu bekämpfen. Der Film nutzt Medien – vor allem das Radio – als Symbol für den Widerstand und thematisiert den Kampf für Gleichberechtigung in einem autoritären Staat, der Reformen blockiert und alternative Stimmen unterdrückt. Wie auch die Ausstellung „Glitch in der Matrix“ im Kunstraum hase29 setzt sich der Film mit der Frage auseinander, wie unsere Vorstellung von „Realität“ durch Machtstrukturen und digitale Medien manipuliert wird. Im anschließenden Gespräch mit Katrin Mundt und Jasmina Janoschka geht es u.a. um die Frage, inwiefern die digitale Welt ein Abbild oder eine Verzerrung unserer Realität ist? Wie können Glitches – Störungen im System – als Symbole für gesellschaftlichen Widerstand und Kontrollverlust interpretiert werden? Und welchen Beitrag können künstlerische Ausdrucksformen leisten, um das Bewusstsein für die Manipulierbarkeit von Realität zu schärfen?
Eintritt frei, ohne Anmeldung
Mit freundlicher Unterstützung