was vererben wir und was behalten wir für uns

Ausstellungslaufzeit: 20.09.2025-29.11.2025
Ausstellungseröffnung am Freitag, 19.09.2025, ab 19 Uhr – Eintritt frei!

Künstler:innen

Ausstellung Alexej Eisner, Ernstina Eitner, Katharina Reich und Nicole Widner
Veranstaltungsprogramm Alisha Gamisch

Was bedeutet es, wenn Herkunft, Sprache und Zugehörigkeit in ihrer Komplexität unsichtbar bleiben?

Die Ausstellung „Was vererben wir und was behalten wir für uns“ im Kunstraum hase29 präsentiert vier künstlerische Perspektiven, die sich mit russlanddeutscher Herkunft, Erinnerung und Identitätsbildung auseinandersetzen. Gezeigt werden Malerei, Skulptur und installative Arbeiten, die sich im Spannungsfeld zwischen Bewahren und Loslassen bewegen.

Während rund 2,5 Millionen Russlanddeutsche in Deutschland leben, ist ihr kollektives Erbe kaum sichtbar. Ihre Geschichten werden selten erzählt, oft missverstanden und medial verzerrt dargestellt. Das Schicksal vieler russlanddeutscher Familien ist geprägt von Vertreibung, dem Verlust von Heimat, Sprache und Anerkennung – Erfahrungen, die bis heute nachwirken und sich auch in den Werken der Ausstellung widerspiegeln.

Der Ausstellungstitel „Was vererben wir und was behalten wir für uns“ ist ein Zitat aus dem Gedichtband „Lustdorf“ von Alisha Gamisch.

Ausstellungsansicht: Passen,- sign, CIAT, Berlin, 2025, mit Werken von Ernstina Eitner (links + mitte) und Katharina Reich (rechts)

Künstler:innen

Alexej Eisner (*1990 Dusty-Kurgan-Tjube/Tadschikistan, lebt und arbeitet in Osnabrück) verbindet in seiner künstlerischen Arbeit nostalgische, (post-)sowjetische Erzählungen mit biografischen Elementen des Alltags. Dabei verweben sich persönliche mit kollektiven Erinnerungen an die Traumata der russlanddeutschen Geschichte. Eisner zeigt figurative Elemente, die mit expressiven Gesten, abgeschabten Oberflächen und ausdrucksstarker Farbgebung innerhalb einer einzigen Komposition zu abwechselnden Momenten der Klarheit, des Verfalls kommen und vermitteln das Gefühl von Authentizität und rohen Emotionen.

Ernstina Eitner (*1992, Rendsburg, lebt und arbeitet in Berlin) ist interdisziplinär arbeitende bildende Künstlerin, die sich in ihrer Praxis kritisch mit gesellschaftlichen und kulturellen Phänomenen auseinandersetzt. Als Tochter schwarzmeerdeutscher Eltern aus Kasachstan spielen ihre Herkunft und (kollektive) Erinnerungen eine zentrale Rolle in ihrer oft recherchebasierten Arbeit, die sich verschiedener Techniken und Materialien bedient und vor allem Objekte, Installationen und Zeichnungen umfasst.

Katharina Reich (*1987 in Tjumen/Russland, lebt und arbeitet in Berlin) formt aus Alltagsgegenständen Skulpturen, die gesellschaftliche Fragen ästhetisch wie auch materiell verhandeln. Als Spätaussiedlerin sind ihre Werke eng mit autobiografischen und politischen Themen verbunden. Herkunft, Migration, kulturelles Gedächtnis sowie das Spannungsfeld zwischen Sichtbarkeit und Marginalisierung prägen ihren konzeptuellen Raum. Das Sammeln und Tauschen von Fundstücken ist Teil ihres künstlerischen Prozesses, der den ephemeren Charakter ihrer Arbeiten bestimmt.

Nicole Widner (*1995 in Melle, lebt und arbeitet in Münster) entwickelt unter anderem aus ihrer russlanddeutschen Familiengeschichte eine künstlerische Sprache, die Fundstücke und räumliche Situationen neu gestaltet. In Ihren Werken wird Ursprüngliches aus dem Bedeutungszusammenhang gelöst und in neue erzählerische Zusammenhänge eingefügt. Auf diese Weise eröffnet sie Räume für Assoziation, Erinnerung und Interpretation – zwischen Vertrautem und Fremdem, Fragment und Ganzem – stille Erzählungen über Identität, Verlust, Wandel und die Magie der Dinge.

Veranstaltungsprogramm

Ausstellungseröffnung „was vererben wir und was behalten wir für uns“
Fr, 19.09.2025, ab 19 Uhr

19.30 Uhr: Begrüßung + Einführung

Eintritt frei!

Lesung von Alisha Gamisch: „Lustdorf”
Sa, 27.09.2025, 18 Uhr 

Lustdorf ist nicht Люстдорф, Lust ist nicht Ljust, eine Oma ist keine Enkelin. Das Debüt von Alisha Gamisch ist ein Dialog der Enkelin mit der Oma, die »eine oma ist«. Ein Dialog über Putin, Borschtsch und Sex, eine Sprache zwischen Kyrillisch und Latein, eine Umschrift von Lust genauso wie von Traumata: »was vererben wir und was / behalten wir lieber für uns?« Gamisch spricht von einer russlanddeutschen Geschichte, die sich ihr durch »eine oma« erzählt. Von einer Rückkehr, die eigentlich keine Rückkehr, sondern eine Migration ist; in einer Muttersprache, die eigentlich keine Muttersprache ist, sondern Omasprache: »wenn eine oma spricht / höre ich zweihundert jahre gefrorene sprache«.

Eintritt frei, ohne Anmeldung

Alisha Gamisch (*1990 in Tegernsee, lebt und arbeitet in Berlin) hat in München und London Germanistik und Anglistik studiert. Sie war bei Lesereihen wie books without covers und dem Großen Tag der jungen Münchner Literatur zu Gast. Ihre Texte hat sie in Literaturzeitschriften und -magazinen veröffentlicht, zuletzt in der PS-Politisch Schreiben und dem Mosaik-Magazin. 2016 wurde sie für den Lyrik-Preis München nominiert. 2016 hat sie das feministische Online-Magazin wepsert.de mitgegründet, bei dem sie über Feminismus und Literatur schreibt und Lesungen organisiert. Gemeinsam mit Ani Menua kuratiert sie das „PostOst Café”, eine literarische Lesungs- & Gesprächsreihe vom Zentrum für Antislawismusforschung.

Mit freundlicher Unterstützung